18. Ahrenshooper Filmnächte: Ein gelungenes Festival wieder im THE GRAND Ahrenshoop.
Auch die 18. Ahrenshooper Filmnächte zeigten wie im letzten Jahr, dass der Geschmack des Publikums und das Urteil der Jury deckungsgleich sein können. Es ist für einen Film, der Kritiker*innen wie Rezipient*innen gleichermaßer erreichen will, geradezu ideal und ein wichtiger Schritt zum Erfolg auch an den Kinokassen. All das wünscht man dem Gewinner VENA von Chiara Fleischhacker.
Die Jury der Ahrenshooper Filmnächte kürte VENA zum Besten Film, dabei bedachte sie Hauptdarstellerin Emma Nova mit einer besonderen Erwähnung. Elisa Schlott und Alexander Beyer hielten die Laudatio.
Das Publikum vergab seinen Preis ebenfalls an den Film VENA der Erfurterin Chiara Fleischhacker.
Den Reigen der Preisträger komplettiert SABBATICAL von Judith Angerbauer.
Die Jury vergab den Preis persönlich an die Regisseurin, deren Dank nach der Laudatio von Aelrun Goette Teil einer gelungenen Preisträger-Veranstaltung am Samstagabend war.
Chiara Fleischhacker und Emma Nova bedankten sich mit emotionalen Video-Botschaften bei Jury und Publikum.
Die Jury der 18. Ahrenshooper Filmnächte mit Schauspielerin Elisa Schlott, Regisseurin Aelrun Goette und Schauspieler Alexander Beyer urteilte im Wortlaut wie folgt:
BESTER FILM: VENA
von Chiara Fleischhacker (Verleih: Weltkino Filmverleih; Kino-Start am 28. November 2024)
- gestiftet vom Ostseebad Ahrenshoop, dotiert mit 2.000 EURO
Es gibt diese Momente im Kino, bei denen es einem förmlich den Atem verschlägt – Momente, in denen Bilder, Dialoge und Schauspielertalent so kunstvoll ineinandergreifen, dass man als Zuschauer nicht nur Teil einer Geschichte wird, sondern tatsächlich Zeuge eines Kunstwerks.
So ein seltenes Beispiel ist Chiara Fleischhackers Debütfilm VENA, der am Donnerstag unvergesslich hier im Wettbewerb präsentiert wurde.
Wir, die Jury, haben uns ohne Zögern für dieses herausragende Drama entschieden. Es ist eine Arbeit, die mit erzählerischer Wucht trifft, die uns lange über den Abend hinaus nicht mehr losgelassen hat.
In VENA erleben wir die außergewöhnliche Geschichte von Jenny und Bolle, von Emma Nova und Paul Wollin überragend gespielt. Diese beiden reißen uns mit hinab in eine Spirale von Emotionen und Ereignissen, die uns an die Grenze des Ertragbaren führen.
Die großartige Schauspielerin Emma Nova erlaubt uns, bis zur letzten Sekunde derart nah zu sein, dass man förmlich ihren Herzschlag spürt – was nur selten im Kino gelingt.
VENA ist aber mehr als ein Schauspielerfilm. Es ist ein Werk, das von Chiara Fleischhackers klugem, präzisem Blick und ihrer handwerklichen Genauigkeit als Regisseurin getragen wird. Ihre überzeugende Inszenierung ist unerbittlich und birgt eine große humanistische Botschaft.
Es ist ein makelloser Debütfilm von großem Gestaltungswillen, der sehr berührt, viele Zuschauer finden - und zahllose Gespräche auslösen wird. Nach dem Abspann braucht man Zeit, um sich zu sammeln, um das Gesehene zu verarbeiten.
Was die Geschichte der beiden Liebenden, ihre toxische Co-Abhängigkeit, ihren Kampf gegen die Drogensucht so besonders macht, wird lange in unseren Köpfen bleiben.
Wir gratulieren Chiara Fleischhacker, ihrem gesamten Team, vor allem auch ihrer Kamerafrau Lisa Jilg und Emma (Super) Nova, die wir hier ausdrücklich nochmal hervorheben wollen - von Herzen - zu diesem überwältigenden Werk. Vena zeigt uns, was Kino in seiner allerbesten Form sein kann: eine Kunst, die uns aufrüttelt, bewegt und einfach staunen lässt.
Herzlichen Glückwunsch, liebe Chiara Fleischhacker!
FÖRDERPREIS: SABBATICAL
von Judith Angerbauer (Verleih: farbfilm verleih; Kino-Start demnächst)
- für ein herausragendes Drehbuch oder Regie, getragen vom Künstlerhaus Lukas Ahrenshoop: ein kostenfreier Aufenthalt im Künstlerhaus Lukas und ein Stipendiengeld in Höhe von 1.200 EURO
Was wie ein Film über ein entfremdetes Paar beginnt, dem die Kraft fehlt, sich zu trennen, entwickelt sich zu einem dysfunktionalen Familienporträt voller Spannung, Drama und Schmerz.
Judith Angerbauer zeichnet in ihrem Film SABBATICAL das Bild einer ganz normalen Familie als schonungslosen Spiegel menschlicher Abgründe, indem wir uns plötzlich selbst erkennen. Gemeinsam mit ihrem großartigen Ensemble Seyneb Saleh, Trystan Pütter, Sebastian Urzendowski, Bernhard Schütz und Ulrike Willenbacher schafft sie mutige Figuren, die das deutsche Kino braucht: widersprüchlich; ebenso rauh und gemein wie voller Sehnsucht und Zartheit, dabei überraschend und lebendig.
Solche Geschichten, die aufrichtig von unserem Leben erzählen, brauchen Mut, denn sie verweigern sich dem Eskapismus und fordern uns heraus, über uns selber nachzudenken. Wir wünschen uns mehr davon.
Aus diesem Grund hat sich die Jury der 18. Ahrenshooper Filmnächte entschieden: SABBATICAL von Judith Angerbauer.
Die 18. Ahrenshooper Filmnächte - seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 zum ersten Mal wieder im zum Kinosaal umgebauten Ballsaal des Hotels THE GRAND - boten vom 13. bis 16. November insgesamt 11 Veranstaltungen, die von 1.600 Gästen besucht wurden - ein neuer Rekord für dieses kleine, sorgfältig kuratierte Festival mit insgesamt 6 Filmen im Wettbewerb, 3 Filmbeiträgen im Sonderprogramm sowie einem Jury-Film-Special.
Volker Kufahl, der Künstlerische Leiter der Filmnächte und Geschäftsführer der Filmland MV gGmbH, hob die Vielfalt von Themen und künstlerischen Haltungen der Wettbewerbsfilme hervor.
Er forderte das Publikum dazu auf, „beim Schauen aller Filme im Hinterkopf zu behalten, was es bedeutet, sich künstlerisch ausdrücken zu wollen, sich künstlerisch ausdrücken zu müssen, und wieviel reicher wir alle dadurch werden, dass es Menschen gibt, die diese oft kompromisslosen Lebensentwürfe verfolgen. Ich freue mich, dass die Filmnächte Ahrenshoop einen kleinen Beitrag dazu leisten, die Kreativität von jungen und etablierten Filmschaffenden sichtbarer zu machen.“
Ein immer gut gefüllter und oft ausverkaufter Saal zeugt davon, dass Filmkunst jenseits des Mainstream im Monat November am Meer funktionieren kann und Gäste in den Ort holt. Es werden immer mehr Fans der Ahrenshooper Filmnächte, die speziell wegen dieses Festivals dort einen Urlaub verbringen - und Filmschaffende treffen können.
Hervorzuheben und wichtig sind dabei auch die immer sachkundigen Moderationen und intensiven Filmgespräche von Dietmar Kraus und Lutz Pehnert.
Zu den Gästen der 18. Ahrenshooper Filmnächte gehörten neben den Gewinnern Judith Angerbauer, Emma Nova, Svenja Vanhoefer und Sebastian Urzendowsky weitere Filmschaffende: Camilla Guttner, Mathilde Bundschuh, Aleksandra Medianikova, Monika Lennartz, Jannis Alexander Kiefer, Alexander Schuster, Cooky Ziesche, Christina Ebelt, Max Gleschinski, Lucas Thiem, Jörg Besser, Moderatorin Anne Stadtfeld (ZDF Landesstudio MV) und nicht zuletzt die Live-Acts CRUCCHI GANG mit Francesco Wilking und Patrick Reising, OKAPI mit Schauspielerin Gesa Penthin (DANN GESTE EBEN NACH PARCHIM) und Nils Höddinghaus sowie DJ HOUZE ARREST.
Regisseurin Angelina Maccarone war für ein Online-Filmgespräch aus Potsdam zugeschaltet.
Alle Filme hier nochmals im Überblick:
WETTBEWERB
VENA von Chiara Fleischhacker, Bester Film, Publikumspreis
SABBATICAL von Judith Angerbauer, Förderpreis
DIE AKADEMIE von Camilla Guttner
KLANDESTIN von Angelina Maccarone
MILCHZÄHNE von Sophia Bösch
ANOTHER GERMAN TANK STORY von Jannis Alexander Kiefer
SONDERPROGRAMM
ALASKA von Max Gleschinski
STERNE ÜBER UNS von Christina Ebelt
IN LIEBE, EURE HILDE von Andreas Dresen
JURY-SPECIAL
IN EINEM LAND, DAS ES NICHT MEHR GIBT von Aelrun Goette
Ein Rückblick auf 2023:
Das Kunstmuseum Ahrenshoop wurde zum zweiten Mal zu einer Eventlocation, in der Filmkunst auf Bildende Kunst, aber auch auf Musik und Literatur traf. Neben dem Filmwettbewerb, der natürlich im Mittelpunkt stand, wurden zusätzlich, in Zusammenarbeit mit dem Künstlerhaus Lukas, drei Filmbeiträge von Drehbuch-Stipendiaten des Hauses im filmischen Sonderprogramm gezeigt.
Die Auswahl der sechs Wettbewerbsfilme, die größtenteils vor ihrem offiziellen Kinostart gezeigt wurden, und der Filme im Sonderprogramm erfolgte durch Volker Kufahl, Künstlerischer Leiter der Ahrenshooper Filmnächte und Geschäftsführer der FILMLAND MV gGmbH in Schwerin. Ihm zur Seite stand als Programmer wie gewohnt Jürgen Tobisch, FILMLAND MV. Große Teile der Projekt-Organisation lagen erstmals ebenfalls in den Händen von FILMLAND MV in Gestalt von Matthias Hoffmann, Marketing- und Presse-Chef der FILMLAND MV gGmbH.
Wie immer arbeitete FILMLAND MV engstens mit der Kurverwaltung des Ostseebades Ahrenshoop zusammen, dem Veranstalter der Ahrenshooper Filmnächte.
Für die prominent besetzte Jury konnten der Schauspieler und Schriftsteller Max Moor, die Schauspielerin Anne Schäfer und die Regisseurin Mariko Minoguchi gewonnen werden.
Der gebürtige Schweizer, Max Moor, wurde als Moderator des VOX-Magazins „Canale Grande“ bekannt. 2009 verfasste der einstige Dieter sein erstes Buch „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht“. Seit 2007 moderiert er die ARD-Kultursendung „ttt – titel, thesen, temperamente“.
Anne Schäfer agierte als Schauspielerin in der mehrfach ausgezeichneten ARD-Degeto-Serie „DIE TOTEN VON MARNOW“ (2020) und als weibliche Hauptrolle an der Seite von Bjarne Mädel im Sozialdrama „GELIEFERT“ (2021). 2023 spielt sie in der Franz Xaver Bogner-Serie „HIMMEL, HERGOTT, SAKRAMENT” eine Hauptrolle. In der soeben angelaufenen Kinokomödie „EIN FEST FÜRS LEBEN” ist sie an der Seite von Christoph Maria Herbst ebenfalls zu sehen.
Mariko Minoguchi drehte im Alter von 18 Jahren ihren ersten Kurzfilm „MAYBE“. Ihr Spielfilmdebüt als Regisseurin von „MEIN ENDE. DEIN ANFANG“ erhielt neben Preisen im In- und Ausland auch den Preis der Deutschen Filmkritik für „Bester Debütfilm“ und „Bestes Drehbuch“. Bei den 15. Ahrenshooper Filmnächten 2019 konnte dieser Film mit dem Publikumspreis ausgezeichnet werden. Gemeinsam mit Tim Fehlbaum schrieb Mariko Minoguchi das Drehbuch zu „TIDES“, der auf der Berlinale 2023 Premiere feierte und den Platz 1 der US-Netflix-Charts erreichte.
Die Moderation des offiziellen Eröffnungsabends am 15.11.2023 und der Preisverleihung am 18.11.2023 übernahm erstmals bei den Filmnächten Autor und Filmkritiker Knut Elstermann.
Am Eröffnungsabend war der 1. Wettbewerbsbeitrag „MONSTER IM KOPF“ zu sehen. Im Anschluss führte Dietmar Kraus wie bei allen Wettbewerbsfilmen durch das Filmgespräch, hier mit Regisseurin Christina Ebelt. Abgerundet wurde dieser Abend durch Live-Musik von Wenzel.
Bereits einen Tag vor der Eröffnungs-Party der 17. Ahrenshooper Filmnächte gab es am 14.11.2023 um 19.00 Uhr, bei einem Pre-Opening-Konzert, Musik von Wenzel solo „LIEDER UND TEXTE“. Wenzel, der eigentlich Hans-Eckhardt Wenzel heißt und 1955 in der Nähe von Wittenberge geboren wurde. Im Osten war er einer der bekanntesten und wichtigsten Liedermacher. Wenzel jongliert mit Sprache und Musik, besticht durch Sprachwitz und Energie und verbindet auf unnachahmliche Weise Melancholie und Lebenslust.
Wer neugierig auf den Liedermacher wurde, konnte am 15.11.2023 um 14.00 Uhr im Pre-Opening-Film „WENZEL - GLAUBT NIE, WAS ICH SINGE“ von Lew Hohmann, mehr über ihn erfahren. Im anschließenden Filmgespräch mit Autor und Regisseur Lutz Pehnert stand Wenzel dem Publikum Rede und Antwort.
Literarische „Schmankl“ der Filmnächte waren die Lesungen von Jurymitglied Max Moor aus seinem Buch „WAS WIR NICHT HABEN, BRAUCHEN WIR NICHT“ und Knut Elstermann aus seinem Werk „IM GESPRÄCH MIT …“ sein. Dieses Buch gibt Einblick in Gespräche und Interviews mit über 30 bedeutenden Filmschaffenden, deren Arbeit vor 1990 mit der DEFA verbunden war.
Wie in den vorhergehenden Jahren blieben die persönliche Atmosphäre, die das filmbegeisterte Publikum ebenso wie die Filmprominenz schätzen, das Markenzeichen der Ahrenshooper Filmnächte. Zusätzlich bot das KUNSTMUSEUM Kunst des PopArt-Künstlers Jim Avignon den Gästen als zusätzliche Inspiration.
Das komplette Programm 2023 hier online unter www.ostseebad-ahrenshoop.de.